Rollstuhlfahrer rocken in Roggenburg

Die Familientage im Kloster Roggenburg konnten dieses Jahr wieder in Präsenz stattfinden. Simon ist seit vielen Jahren mit dabei und hat uns eine Zusammenfassung geschrieben.

Die Musik geht los, bunte Lichter sind auf die Tanzfläche gerichtet und ein Beamer projiziert Impressionen aus den Seminaren auf eine Leinwand: Disco! Die Organisation für das Abendprogramm hat die Gruppe von drei Rollstuhlfahrern rund um Referent Stefan Rues übernommen – einer von vielen Workshops, die die Süddeutsche Kinderhospiz Akademie mit dem Deutschen Kinderhospizverein jährlich im Kloster Roggenburg anbietet. Für die Familien ist die Zeit hier wie Urlaub, betonen viele – oftmals der erste Urlaub seit Beginn der Pandemie.

Die Workshops beginnen bereits um neun Uhr, wie immer mit einer kurzen Gruppenbesprechung – wenn auch dieses Jahr mit Abstand. Es gibt einen Gesprächskreis und zwei Kreativprogramme für die Eltern – hier können diese wahlweise ihr eigenes Papier schöpfen oder sich an verschiedenen Instrumenten ausprobieren –, ein Natur-Erkundungs-Paket über Bienen für die kleineren Geschwisterkinder und ein Workshop für die jüngeren Behinderten mit Sinneseindrücken rund um das Thema Planeten.

Wir, die älteren Behinderten, treffen uns in der „Alten Darre“, einem rustikalen Scheunengewölbe etwa zwei Minuten zu Fuß vom Kloster entfernt. „Toll, dass wir uns endlich mal wiedersehen können“, begrüßt uns Stefan. Nachdem wir uns besprochen haben, nehmen zwei von uns unsere Computer-Arbeitsplätze ein, der dritte trainiert ein Instrument ein. Die Töne erfüllen den Vormittag über die Darre. Dann ist es Zeit für eine Mittagspause, die wir im Familienverbund verbringen.

Am Nachmittag geht das Gruppenprogramm dann weiter. Drei Tage haben wir Zeit, um die diesjährige Disco vorzubereiten. Doch eine Disco trotz Corona? Und dann auch noch mit den Familien behinderter Kinder und Jugendlicher? Ja! Was zunächst widersprüchlich klingt, ist tatsächlich der Schlüssel zum Erfolg. Die Familien kennen sich mit den gängigen Corona-Hygiene-Regeln aus. Sie gehörten schon vor der Pandemie zum Alltag. Zudem haben die Veranstalter  ein umfassendes Hygienekonzept vorbereitet. So steht der Disco also nichts im Wege!

Ein Ort zum Austausch

Neben den Seminaren ist auch gerade der Austausch ein wichtiger Teil der Zeit in Roggenburg – und das nicht nur im Gesprächskreis. Bei Begegnungen in den Workshops oder im Foyer teilt hier jeder gerne Erfahrungen und Emotionen. Viele Familien gehören zu den „alten Hasen“, die regelmäßig jedes Jahr dabei sind. Doch auch sind einige Familien heuer zum ersten Mal dabei und sorgen so für frischen Wind. Gerade diese Mischung macht Roggenburg zu dem, was es ist – und durch die lockere Atmosphäre werden aus den Frischlingen schnell alte Hasen. „Der Austausch mit Familien in ähnlichen Situationen wie der eigenen gehört zu der Zeit in Roggenburg einfach dazu“, so eine Mutter.

Ideal hierfür ist auch das abendliche Lagerfeuer – immer ein Highlight der Familienfreizeit! Während im Hintergrund die Flammen knistern, spielt ein Trio Livemusik und sorgt mit Klassikern wie „I am Sailing“ von Rod Stewart oder „Lili Marleen“ von Marlene Dietrich für gute Laune. Bei kalten Getränken treffen sich hier die Familien, Ehrenamtlichen und Organisatoren und lassen gemeinsam den Tag ausklingen.

Einzig am letzten Abend ist dies nicht der Fall. Statt der sanften Glut des Feuers blitzen nun die bunten Strahlen einer Lichtanlage und an Stelle der Schunkellieder dröhnt Tanzmusik durch das Kloster. Als sich der Raum langsam füllt, starten wir die erste Bildreihe und erinnern uns – denn einer der langjährigen Teilnehmer ist kurz vor Beginn der Familienfreizeit verstorben. Doch auch die Erinnerung an die Verstorbenen gehört zum Kinderhospiz dazu. In der Disco spielt „Don‘t Worry, Be Happy“ von Bob Marley.  Der Tod kommt nach dem Leben – und das Leben ist jetzt!

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